Im heutigen Artikel beschäftigen wir uns wieder einmal mit dem etwas überwältigendem Thema Plastik (wir verwenden diesen Begriff hier salopp für »Kunststoffe« aller Art). Unsere Autorin Romina hat Ihre Gedanken und Recherche für uns zusammengefasst.
Wir möchten uns nicht nur mit der Problematik auseinandersetzen, sondern zwei Perspektiven zueinander finden lassen. Einerseits die nicht mehr abzustreitende überwältigende Menge des unablässigen Kunststoffeintrags in die Natur und in uns Menschen und andererseits der zuversichtlichen Aussicht, dass man zumindest teils durch ein verändertes individuelles Handeln die eigene Exposition minimieren und für eine plastikbefreitere Zukunft sorgen kann.
Wir von Lieber Ohne sind uns nämlich bei einer Sache ganz sicher: individuelles Handeln kann die Allgegenwart von Plastik reduzieren und unsere eigene Gesundheit nachhaltig positiv beeinflussen.
Plastikpartikel im menschlichen Körper – eine noch relativ unerforschte Tatsache
Basierend auf einer Studie vom Frauenhofer Institut von 2018 sind die Hauptquellen von Mikroplastik und deren Zusammenhänge mit Verkehr, Bauen, Infrastruktur oder Luftverschmutzung für viele Menschen unbekannt. Einige dieser Quellen kann man auch nicht umgehen, somit ist der Mensch Plastik praktisch permanent ausgesetzt.
Es ist eine wissenschaftlich anerkannte Tatsache, dass Plastik, insbesondere Mikroplastik, im Wasser (dazu zählen sowohl die großen Weltmeere als auch unser Trinkwasser), im Boden, in der Luft und praktisch allen lebenden Organismen zu finden ist.
Dazu zählt auch der Mensch selbst.
2018 wurde mittels einer Pilotstudie von Umweltbundesamt und Medizinischer Universität Wien erstmals Mikroplastik im menschlichen Stuhl entdeckt – und das bei allen der acht internationalen TeilnehmerInnen. „In unserem Labor konnten wir neun verschiedene Kunststoffarten in der Größe von 50 bis 500 Mikrometer nachweisen“, sagt Bettina Liebmann, die für Mikroplastik-Analysen zuständige Expertin im Umweltbundesamt.
Die Auswirkungen auf den menschlichen Organismus müsse man aber erst richtig erforschen. Lothar Aicher, Humantoxikologe des Schweizerischen Zentrums für Humantoxikologe der Uni Basel meint: „Wir wissen ja schon relativ lange, dass in Tierexperimenten Schädigungen nachgewiesen wurden, vor allem Entwicklungsstörungen. Beim Menschen ist die Sachlage noch unklar.“
Dass die Wissenschaft derzeit noch keine Risikoeinschätzung bezüglich Plastik im menschlichen Körper abgeben kann, ist Grund genug, ein genaueres Augenmerk auf verschiedenste Lösungsansätze zu werfen, die wir etwas weiter unten genauer beleuchten.
Die Sorgen sind groß
Dass Plastik ein wachsendes, generationenübergreifendes Imageproblem hat, ist global bekannt. Doch dass Plastik die größte Sorge des Menschen darstellt, ist relativ neu.
Dies wurde von der in 2019 und 25 Ländern durchgeführte GfK-Studie „Plastic Waste: who cares who does?“ bestätigt. Die GfK-Studie besagt, dass sich jeder Zweite bzw. jede Zweite um das weltweite Plastikproblem am meisten Sorgen macht. Genauer gesagt zählen sogar mehr als 53 Prozent der europäischen VerbraucherInnen die Thematik Plastikmüll zu ihren drei größten Sorgen, dicht gefolgt vom Klimawandel (44 Prozent). Auch aus Sicht von Experten stellt Kunststoff eines der massivsten Umweltprobleme dar. Forschende des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung vermuten, dass eine hohe Plastikkonzentration möglicherweise auch den Klimawandel befördern.
Die daraus resultierende Frage lautet: Was können wir „OttonormalverbraucherInnen“ tun, sodass sich eine für die Umwelt und für uns und unseren Alltag positive Schnittmenge finden und durch unser Handeln zum Besseren wenden lässt?
Appell an die Eigenverantwortung
Auf Basis der Studie des Fraunhofer-instituts wird die Eigenverantwortung der KonsumentInnen insbesondere von Laien, aber auch von ExpertInnen als elementarer Lösungsansatz benannt. Die Produktentwicklung sowie die Politik sehen ExpertInnen allerdings noch vor dem Konsumenten/der Konsumentin als entscheidende Faktoren zur Mikroplastikeindämmung, doch um den Rahmen nicht zu sprengen bleiben wir heute bei uns KonsumentInnen.
Was wir von jetzt auf gleich tun können:
- Unverpackt einkaufen bzw. auf Waren mit Plastikverpackungen so gut es geht* verzichten. Es wurde jedenfalls bereits experimentell festgestellt, dass man die Menge an Plastik im Blut reduzieren kann, je nachdem wie konsequent man im Alltag auf Plastikprodukte bzw. Produkte, die Plastik enthalten, verzichtet.
- Littering (Abfälle auf die Straße werfen oder nicht ordnungsgemäß entsorgen) vermeiden
- langlebige Reifen nutzen und defensiv fahren
- Weniger Produkte aus oder mit Plastik (neu) kaufen und Alternativen suchen
- Produkte mit Microbeads (Mikrokügelchen, die in hunderten von Körperpflegeprodukten wie Hautpeelings und Seife verwendet werden, können durch Wasseraufbereitungssysteme rutschen und dann Teil der Plastikverschmutzung der Ozeane werden) vermeiden
- Auf weitgehend plastikfreie Kleidung setzen
- Bei jeder Gelegenheit für Einweg-Pfand einsetzen
*Dass man mit Plastik nicht mehr in Berührung kommen kann, ist utopisch und auch für uns von Lieber Ohne nicht zu garantieren. Der Dreh- und Angelpunkt ist also die weitestgehende Vermeidung von Plastik im Alltag.
Der „unverpackte“ Trend schlägt immer größere Wellen
Eine grundlegende Änderung im Umgang mit Plastik ist eine dringende Notwendigkeit, daher freut uns Folgendes ganz besonders:
Laut Eunomia Research & Consulting Ltd 2020 wird es bis 2023 10000 Arbeitsplätze in Unverpackläden geben, die durchschnittlich 1 Tonne Verpackungsabfall p.a. sparen. Schon jetzt kann man ein starkes Wachstum in Hinblick auf die Anzahl an unverpackten Geschäften beobachten. In Österreich finden sich bereits 25 Unverpacktläden und über 200 Geschäfte, die teilweise unverpackte Waren anbieten. Tendenz steigend.
Das Wachstum von unverpacktem Verkauf und Einkauf ist natürlich auch uns von Lieber Ohne ein dringendes Anliegen. Offenes Obst und Gemüse, plastikfreie Kaugummis und (mikro) plastikfreie Kosmetik- und Hygieneprodukte sowie viele Produkte im Einwegglas sind Möglichkeiten, die wir gerne nutzen, um einen umweltfreundlichen Einkauf zu ermöglichen sowie eine größtmögliche Reduktion von Kunststoffemissionen zu gewährleisten.
Schlussworte
Individuelle Ansätze, die zur Eindämmung von Kunststoffansammlungen in der Natur und unseren eigenen Körpern beitragen, wirken. Wenn auch nicht sofort. Wenn auch nicht mit bloßem Auge erkennbar. Aber sie wirken. Sie wirken sich Tag für Tag auf uns und unsere Umwelt aus. Am Ende des Tages ist es keine Frage der Muße, sondern eine Frage des Verantwortungsbewusstseins. Da stecken wir alle mit drin.
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